Liebe Freunde,

 

Platon schreibt im „Staat“, dass eine Demokratie in den Händen von Relativisten zum Tod verurteilt ist: Denn wenn es keinen Unterschied zwischen Gut und Böse gibt, kann der Politiker tun was er will.

 

Im kleinen erleben wir oft ähnliches, jeder könnte persönliche Geschichten davon erzählen. Und nicht nur, dass viele für sich selbst die Möglichkeit abstreiten, gut und schlecht zu unterscheiden, – sie sprechen auch jedem anderen das Recht ab, dies zu tun. Im Namen einer scheinbaren Toleranz und ideologisierten Freiheit entsteht also eine unsichtbare intolerante Diktatur, die uns die Freiheit mehr und mehr abschnürt. Viele von uns Christen haben die Diener dieser neuen Diktatur am eigenen Leib verspürt - so auch Martin Lohmann, der Autor dieses Newsletters. Wir wollen aber anstatt Beispiele aufzurollen, den Finger in die Wunde selbst legen. Es ist höchste Zeit, das Problem beim Namen zu nennen.

 

„Europa für Christus!“ – Damit es gelingt ... denn ohne Anhaltspunkte kann es nicht gelingen.

 

Ihr „Europa für Christus!“ Team

 

PS: Nicht vergessen: das tägliche Vater unser für ein christliche geprägtes Europa!

 

 

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„Die Diktatur des Relativismus – eine gefährliche Versuchung“

Von Martin Lohmann

Gibt es Wahrheit? Gibt es heute noch Wahrheit? Gibt es gar so etwas wie die Wahrheit? Allen Unkenrufen zum Trotz sucht sie auch der moderne Mensch. Ja, auch und erst recht der aufgeklärte Mensch des dritten Jahrtausends sucht die Wahrheit und trägt eine Sehnsucht nach ihr in sich. Es sind die alten und immer modern bleibenden Fragen, die der Mensch hat: Woher komme ich? Wohin gehe ich? Wer bin ich? Worauf kann ich mich verlassen? Was gilt? Was gilt nicht? Was ist gut? Was ist böse? Gibt es einen Gott?

Vielleicht sind das die menschlichsten Fragen, die es überhaupt gibt. Doch wer sie stellt, lebt bisweilen gefährlich in einer Gesellschaft, in der die Angst vor Klarheit und Wahrheit weit verbreitet ist. In einer Gesellschaft wie der europäischen, in der jeder klare Wahrheitssuchende geradezu als Störenfried gesehen wird. Wahrheit? Klarheit? Vielleicht gar verbunden mit Konsequenzen für das persönliche Handeln? Nein danke, so hallt es denen entgegen, die sich noch (zu)trauen, tiefer zu graben. Lieber sagt man da schon, eine Wahrheit kann es gar nicht geben. Und so dehnt sich der Irrtum aus, dass nur der tolerant ist, der alles für gleich gültig hält und dabei noch seinen eigenen Standpunkt relativiert. Dabei kommt Toleranz vom lateinischen tolerare, was so viel heißt wie tragen, ertragen. Von Relativieren ist da nicht die Rede. Im Gegenteil: Tolerant ist der, der den Irrtum seines Nächsten erträgt, ihm aber zugleich nicht verschweigt, dass er einem Irrtum erlegen ist.

 

Wenn aber alles wahr ist, selbst das Gegenteil, dann ist nichts mehr wahr. Dann gibt es nichts mehr, worauf man sich verlassen kann. Der christliche Denker René Girard weiß: „Wenn es keine objektive Wahrheit gibt, werden alle Wahrheiten gleich behandelt – und das zwingt einen, banal und oberflächlich zu bleiben.“ Papst Benedikt XVI. spricht gar von einer Diktatur des Relativismus, die alle Phasen des Denkens und Lebens erreichen  und beherrschen will. Er verweist darauf, dass ein klarer Glaube und eine klare Haltung rasch mit dem diskriminierenden Pseudoargument des „Fundamentalismus“ beschimpft wird, „während der Relativismus, also das Sichtreibenlassen von jedem Widerstreit der Meinungen, als die einzige Haltung erscheint, die auf der Höhe der heutigen Zeit ist.“ Und so ist sie längst entstanden, „eine Diktatur des Relativismus, die nichts als endgültig anerkennt und als letzten Maßstab nur das eigene Ich und seine Wünsche gelten lässt.“

 

Konsequenzen für das eigene Leben scheuen, sich nicht festlegen, alles für gültig halten und alles für ungültig – das mag bequem erscheinen. Letztlich ist es aber zutiefst unmenschlich und freiheitsberaubend. Denn Freiheit von etwas und Freiheit für etwas oder gar für jemanden entsteht nur in der Erkenntnis von Klarheit und Wahrheit. Nur die Verankerung im Guten und Belastbaren öffnet Räume der Freiheit und macht fähig, in allem angstfrei und wirklich tolerant zu sein. Niemand braucht Angst vor Klarheit und Wahrheit zu haben. Wer sich hingegen (zu)traut, Wahrheit und Klarheit zuzulassen, wird zum Boten der Freiheit und echter Menschlichkeit. Wer die Gefahr des Relativismus erkennt, wird erwachsen und im wahrsten Sinn des Wortes aufgeklärt.

Es Es gibt ja tatsächlich das richtige Maß des wahren Humanismus, der echten Menschlichkeit, mit dem das Leben gelingen kann.

 

Wenn es stimmt, dass die Würde des Menschen unantastbar ist und zur Natur des Menschen seine Gottebenbildlichkeit gehört, dann gibt es einen mit reiner Vernunft ablesbaren und erkennbaren Hinweis auf den Maßstab der Klarheit. Und die Erfahrung lehrt, dass Menschen einen festen Anker, eine Verwurzelung in Wahrheit suchen und brauchen. Dieser Anker beziehungsweise Maßstab ist – vielleicht nicht nur für Christen – kein geringerer als der Sohn Gottes, Jesus Christus, der wahre Mensch. Da aber gibt es wahrlich nichts zu relativieren. Denn Wahrheit ist immer ganz – und macht ganz. Alles und alle.

 

Martin Lohmann, 1957 in Bonn geboren, studierte Theologie, Geschichte, Philosophie und Erziehungswissenschaften. Er war unter anderem Stv. Chefredakteur des „Rheinischen Merkur“, Chefredakteur der „Rhein-Zeitung“ und moderierte mehrere Jahre die Live-Sendung „Münchner Runde“ im Bayerischen Fernsehen. Lohmann lebt als freier Journalist und Publizist mit seiner Familie in Bonn.