Biographie von Hildegard Burjan
(1883-1933)
Kindheit, Ausbildung und Konversion
Hildegard Freund wurde am 30. Januar 1883, in Görlitz an der Neisse, in einer nichtpraktizierenden jüdischen Familie geboren. Nach ihrem Abitur in Basel begann sie Sprachen, Literatur und Deutsch in Zürich zu studieren. Parallel dazu belegte sie Kurse in Philosophie, die sie in die christlichen Denker einführten. Während ihres Studiums lernte sie Alexander Burjan, einen Unternehmer mit jüdischen Wurzeln kennen. Sie heirateten 1907 und übersiedelten nach Berlin.
Ihr Streben nach hohen Idealen und die Verfolgung von etwas Großem führten sie nach einer langen schweren Krankheit und ihrer plötzlichen Genesung zur Konversion.
1908 wurde sie mit einer schweren Nierenkolik ins Spital gebracht. Die Ärzte hatten keine Hoffnung mehr auf eine Genesung, doch am Ostermorgen besserte sich ihr Zustand plötzlich. Hildegard war tief betroffen darüber, in welcher Weise Gott ihr Leben geführt hatte. Am 11. August 1909 wurde sie getauft. Trotz Lebensgefahr während der Schwangerschaft brachte Hildegard Burjan, die mit ihrem Mann nach Wien übersiedelt war, ihre einzige Tochter Elisabeth zur Welt.
Engagement in sozialen Fragen und Gründung der Caritas Socialis
Hildegard Burjan fing bald an, sich für soziale Fragen zu interessieren, besonders bezüglich der Arbeitsbedingungen und der Sozialfürsorge von armen Frauen und Kindern. Sie war beides, die Frau eines Unternehmers und auch die Vertreterin der Armen, der Bedrückten und derjenigen ohne Rechte. Die Haltung und die wirksame Arbeit von Hildegard Burjan finden ihren Ursprung und ihre Motivation in ihrer tiefen Beziehung zu Gott und in ihrer Überzeugung, dass ihre Mission darin besteht, die Liebe Gottes durch ihre soziale Arbeit zu verkünden. Nach ihrer Ankunft in Wien machte sie besonders die Situation der Heimarbeiterinnen betroffen. Gemeinsam mit Freiwilligen besuchte sie die Frauen zuhause. Sie lenkte ihre Aufmerksamkeit auf ihre Rechte, kämpfte um bessere Gehälter, gesetzlichen Schutz und besseren Zugang zu einer höheren Bildung. 1912 gründete sie den „Verein der christlichen Heimarbeiterinnen“ und 1918 die “Gesellschaft für soziale Hilfe“. Man nannte sie die „Mutter der Heimarbeiterinnen“. Hildegard besaß ein außerordentliches Organisationstalent, und sie wusste auch wie man Freiwillige begeistert. Sie verfügte über ein echtes Talent, Geld zu besorgen sowie die Aufmerksamkeit von politischen Führern auf sich zu lenken.
Ihr größter Erfolg war die Gründung einer religiösen Gemeinschaft, die den Armen dienen wollte und ein revolutionäres soziales Apostolat ausübte: die Caritas Socialis. Hildegard Burjan gründete diese Schwesternkongregation 1919. Der Orden kümmert sich besonders um Frauen und Kinder in schwierigen Verhältnissen, sowie um alte und unheilbar kranke Menschen. Er kümmert sich um Obdachlose, unterhält Tageskliniken, Genesungsheime, Hospize, Stellenvermittlungsbüros für die Armen und unterstützt ledige Mütter.
Ihre Arbeit als Politikerin
1918 begann Hildegard Burjan ihre aktive Arbeit in der Christlich-Sozialen Partei. 1919 wurde sie das erste weibliche Mitglied des österreichischen Parlaments. Als Christ fühlte sie sich dazu berufen, ihr Amt als eine Chance zu sehen, um das Leben der Armen zu verbessern. Während ihrer parlamentarischen Tätigkeit, die fast zwei Jahre dauerte, setzte Hildegard viele Initiativen für Frauen und Kindern um. Sie beschäftigte sich besonders mit Fragen wie „gleiche Löhne für Männer und Frauen“ oder mit der Sozialversicherung für die Arbeiter und kümmerte sich um die soziale und geistliche Betreuung armer Familien. Der Erzbischof von Wien, Kardinal Friedrich Gustav Piffl, nannte sie das »Gewissen des Parlaments«, und der Führer der christlich-sozialen Partei, der Priester Dr. Ignaz Seipel, sagte von ihr: „Ich habe keinen Mann mit ausgeprägterer politischer Begabung, mit feinerem Fingerspitzengefühl gesehen als diese Frau.“
Hildegard Burjan starb am 10. Juni 1933 im Alter von 50 Jahren. Drei Jahre nach ihrem Tod wurde die Caritas Socialis als »Gemeinschaft diözesanen Rechts« errichtet und 1960, zur »Gemeinschaft päpstlichen Rechts« erklärt. Bis heute wirken die Schwestern im Geiste ihrer Gründerin. Der Seligsprechungsprozess für Hildegard Burjan wurde 1963 von Kardinal Franz König, dem damaligen Erzbischof von Wien eingeleitet. Am 29. Januar 2012 wurde Hildegard Burjan im Wiener Stephansdom seliggesprochen.
Lesen Sie mehr über Hildegard Burjan: www.hildegardburjan.at